Vor kurzem fand die zweite Einheit unseres Lesekreises der Aktion451 zu Rolf Peter Sieferles Buch „Die Konservative Revolution. Fünf biographische Skizzen“ statt. In der ersten Einheit besprachen wir die verschiedenend Strömung innerhalb der Rechten der Weimarer Republik. In besagter zweiter Einheit hielt ein junger Student ein kurzes Referat über den zuvor besprochenen revolutionär-nationalistischen Komplex (den man als Synonyn zu Mohlers Begriff der Nationalrevolutionären verwenden kann) zu halten.
In der ersten Einheit wurde die Gruppe der Nationalrevolutionären besprochen, deren bekanntester Vertreter natürlich Ernst Jünger ist. Ziel ist es nun, das Gesagte noch einmal kurz zusammenzufassen und dann auf einen bedeutenden Nationalrevolutionären genauer einzugehen. Gemeint ist allerdings nicht Ernst Jünger, sondern Ernst Niekisch.
Bedeutendstes Merkmal der Nationalrevolutionären war das Primat der Außenpolitik. Nach dem Scheitern Deutschlands im 1. Weltkrieg galt es Deutschland in einem Akt das revolutionären Nationalismus aus dem knebelnden Versailler Vertrag zu befreien und wieder zu alter Größe zu verhelfen. Nach Armin Mohler heißt das konkret:
1. Die stärkste innere Zusammenfassung aller Kräfte der Volksgemeinschaft sowie das Ausschalten der widerstrebenden Opposition
2. Die Vorbereitung auf einen 2. Waffengang
3. Die Suche nach Verbündeten im Kampf gegen die Garantiemächte des Versailler Vertrages
Gerade dieser 3. Punkt ist besonders interessant: So war es aus Sicht der Nationalrevolutionären attraktiv, ein Bündnis mit kolonial unterdrückten Völkern einzugehen. Hier lässt sich bereits eine Traditionslinie zum heute innerhalb der Neuen Rechten vertretenen Ethnopluralismus ziehen. Dies bedeutete auch einen starken Widerspruch zum NS; so äußerte sich Adolf Hitler in einem Gespräch mit Otto Strasser wie folgt:
Der Freiheitskampf der Schwarzen, Inder usw. ist der Versuch der Durchbrechung der natürlichen Rangordnung.
Dies hatte auch die Idee eines Bündnisses mit der Sowjetunion zur Folge, bis hin zur Forderung nach einer Bolschewisierung Deutschlands. Zuerst sollte das Volk durch Klärung der sozialen Frage geeint werden, um daraufhin auf diese soziale Revolution eine nationale folgen zu lassen. Diese Idee erinnert bei genauerer Betrachtung an die Forderung gewisser Rechter, wie etwa Hans-Thomas Tilschneider, zuerst ein Bündnis mit dem Islam einzugehen und erst in weiterer Folge gegen den großen Austausch zu kämpfen.
Wir haben auch kurz das Verhältnis der Nationalrevolutionären zum NS besprochen. Hier sind 3 Gruppen zu unterscheiden: Die 1. Gruppe brach, wie Ernst Jünger, mit den Nationalsozialisten. Eine 2. Gruppe schloss sich Hitler bzw. Strasser an. Eine 3. Gruppe folgte einem anderen Mann: Ernst Niekisch. Diesen möchte ich nun im zweiten Teil meines Referats kurz vorstellen.
Ernst Niekisch war ursprünglich Mitglied der SPD, nach dem Ende des 1. Weltkrieges sogar Teil der Münchner Räterepublik, was ihm auch 2 Jahre Festungshaft einbrachte. Nach Verbüßen dieser Haftstrafe veröffentlichte er die Schrift „Der Weg der deutschen Arbeiterschaft zum Staat“, in der er die Idee vertrat, dass die soziale Idee zunächst in der nationalen untertauchen müsse. Aufgrunddessen kam es dann auch zum Bruch mit der SPD und Niekisch wandte sich von der aktiven Politik ab. Stattdessen widmete er sich dem Publizieren mit seiner Monatsschrift „Widerstand“, in der etwa Friedrich Georg Jünger schrieb. 1926 wandte er sich schließlich der Idee des revolutionären Nationalismus zu. Dabei strebte er im Innen eine autoritäre Führung und im Außen ein Bündnis mit der Sowjetunion an. Er schrieb von einem slawisch-germanischen Block in Konkurrenz zum Westen. Konkret forderte er:
Der Aufstand gegen den römischen Herrschaftsgedanken, das römische Recht, das Gedankengut von 1789, gegen die Ideen der Zivilisation, des Individualismus, des Liberalismus, Demokratismus, gegen die bürgerliche Welt- und Wirtschaftsauffassung ist unerlässliche Voraussetzung für den deutschen Freiheitskampf. (…)Die Widerstandsbewegung verlangt ua. die entschlossene Blickwendung nach Osten, die Anknüpfung von Beziehungen zu allen unterdrückten Völkern. Notwendig ist die Gewöhnung der Nation, insb. der Jugend, an ein kärgliches Leben, an ein Leben in Zucht, und Pflichten…
Trotz dieses präzisen ausformulierten Programmes scheiterte Niekisch vor allem aus folgenden zwei Gründen: 1. War die Aversion vieler Nationalisten gegenüber der Sowjetunion (und insb. dem Bolschewismus) zu groß 2. war Niekisch in seinen Forderungen oft zu wenig konsequent, so lehnte er beispielsweise die KPD strikt ab.
1932 rechnete er ein in seiner Schrift „Hitler – ein deutsches Verhängnis“ schonungslos mit Adolf Hitler und den Nationalsozialisten ab. 1934 wurde daher auch seine Zeitschrift verboten. 1937 kam es zur Verhaftung Niekischs durch die GESTAPO aufgrund eines zuvor in Paris stattgefundenen Treffens mit weiteren emigrierten Nationalbolschewisten. 1939 wurde er vom Volksgerichtshof zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. In dieser Haft wurde Niekisch massiv geschändet und erblindete beinahe. Nach Kriegsende trat er der KPD bei, später der SED, aus der er nach dem 17. Juni wieder austrat. Er verstarb am 23. Mai 1967 in Berlin.